Funkamateur´ Ausgabe 1/1990 “Der Neue
aus Mühlhausen: - KC compact”
Auf der 6. Tagung des Computerclubs Frankfurt (Oder) war es soweit: Dr. Müller
stellte den KC-compact vor. Um es vorwegzunehmen, die Gerüchte bestätigten sich
nicht. Es ist ein 8-Bit-Rechner auf U 880-Basis, kein 16-Bit'er, wie viele zu
wissen glaubten. Auf den ersten Blick ein BIC, dachte sich mancher. Daran ist
schon etwas, das Gehäuse ist mit dem des BIC identisch. Endlich eine richtige
Tastatur im Mühlhausener, leider mit einem Wermutstropfen für Vielschreiber: QWERTY-
Tastaturanordnung, ein Hardwarezugeständnis an die realisierte (Teil-) Schneider-Kompatibilität.
Ein Muster hatte Dr. Müller in Frankfurt noch nicht mit, da die Mustergeräte im
Werkstest dauerliefen, damit man die Produktionsaufnahme so bald als möglich absichern
kann. Aber ein sehr informativer Vortrag setzte den Neuen gründlich ins Bild.
Das Grundgerät ist als Kompaktgerät mit abgesetztem Netzteil ausgeführt
(Grundgerät: 388 x 218 x 43/54 mm, Netzteil: 115 x 75 x 60 mm). Das Betriebssystem
ist primär kassettenorientiert, alle Speicherroutinen enthalten eine Motorsteuerung,
die Übertragungsge- schwindigkeit ist zwischen 700 und 2500 Baud einstellbar,
durch spezielle Software sollen bis 7 500 Baud erreichbar sein. Am Expansionsport
sind aber auch 5,25"-Diskettenlaufwerke anschließbar, allerdings war dem
Vortrag nicht zu entnehmen, ob der FDC bereits im Computer installiert ist. Mit
dem Diskettenlaufwerk wird das Gerät CP/M- tauglich. Die Bildausgabe erfolgt wahlweise
über RGB oder HF (Kanal 36, PAL) mit Zweikanal-Tonausgabe. Der Bildaufbau geschieht
über drei wählbare Modi. Im Mode 0 sind 20 Zeichen/Zeile und 16 von insgesamt
27 Farben verfügbar, die Auflösung beträgt 200'x 160 Pixel. Der Mode 1, als Grundeinstellung,
bietet 40 Zeichen/Zeile an. Dabei sind 4 Farben bei einer 200x320-Pixel-Auflösung
einsetzbar.
Der Mode 2 bietet schließlich 80 Zeichen! Zeile an, ermöglicht damit auch eine
hochwertige Textverarbeitung. Hier kann man 2 Farben bei einer Auflösung von 200
x 640 Pixel auswählen. In vertikaler Richtung hat der Bildschirm stets 25 Textzeilen.
Jedes Zeichen, also auch die Buchstaben und Ziffern, wird (analog Schneider) als
Grafikzeichen gebildet und ist immer 8 Pixel breit. Der Grafikzeichensatz besteht
aus 256 Zeichen. Die Tastatur verfügt über einen Tastaturpuffer; ein schaltbarer
Tastaturrepeat ist vorhanden, die Tastaturbelegung ist über Tabellen einstellbar.
7 Funktionstasten sind beliebig mit bis zu drei Funktionen belegbar. Der Joystick
wird in die Tastaturmatrix eingebunden, damit sind auch tastaturorientierte Programme
mit dem Joystick steuerbar. Der Computer bietet umfangreiche Tonausgabemöglichkeiten
über einen speziellen Sound-Chip, der zukünftig auch in der DDR als U 8912 produziert
werden soll. Der Soundgenerator ermöglicht die Ausgabe über drei Kanäle, enthält
u. a. Rauschgeneratoren, umfangreiche Signalformungsmöglichkeiten, Anschlagvariationen,
Hüllkurvenbehandlung. Die Programmierung des Chips wird komfortabel durch das
BASIC unterstützt, mittels ausgeklügelter Interrupttechnik ist die Tonerzeugung
unabhängig vom Hauptprogramm möglich. Der erreichbare Tonhöhenumfang beträgt 3
x 8 Oktaven. Das BASIC ist im 32-KByte-ROM des Rechners mit implementiert. Es
ist gegenüber dem bisherigen KC-BASIC deutlich erweitert (180 Befehle) und entspricht
damit im wesentlichen dem Schneider-Locomotive-BASIC. Es ist stark durch das Betriebssystem
unterstützt, damit schnell und bietet eine teilweise interne Compilierung.
Vier interne interruptgesteuerte Uhren sind vorhanden. Variablen können bis zu
40 Zeichen, eine Programmzeile bis zu 255 Zeichen lang sein. Mit der Funktion
Copy-Kursor sind direkte Programmteil-Transporte realisierbar. Insgesamt sind
Bildschirmarbeit und Editierung wesentlich verbessert. Das BASIC ist durch sogenannte
RSX-Kommandos noch erweiterbar. Der für den Nutzer verfügbare Arbeitsspeicher
beträgt (bei 64 KByte Grundausstattung) 40KByte. Das Druckerinterface ist als
Centronics Schnittstelle ausgebildet. Der Expansionsport bietet u. a. auch einen
20-V-Rohspannungsausgang, einen Eingang zum Abschalten der internen Speicher und
einen Lightpen-Eingang. Umfangreiche Handbücher zu BASIC und System liegen dem
Gerät beim Kauf bei. Mit dem (vielleicht schon bei Erscheinen dieses Beitrags
realisierten, geplant ist April 1990) Angebot des Computers im Handel wird es
gleichzeitig das Angebot von Programmen wie KC-PASCAL, Assembler und Textverarbeitung
geben. Der vom Hersteller angestrebte Preis (Kenntnisstand Oktober 1989) soll
geringfügig über dem des KC 85/4 liegen, dies allerdings möge man nicht als verbindlich
nehmen, die Zeit ist schnellebig. Gegenwärtig werden 12 Softwarekassetten zum
Verkauf vorbereitet, bis Ende 1990 sollen fünf kommerzielle Programme und etwa
50 Spiele dazukommen. Der Hersteller strebt das parallele Angebot eines Joysticks
(Preisvorstellung 10/1989: 150 M) an. Insgesamt bleibt zu sagen, spät, sehr spät
kommt er, aber er kommt nun doch, der kompakte, portable, kompatible 8-Bit-Heimcomputer,
vom Hersteller übrigens ausdrücklich als ein solcher deklariert! Er weist gegenüber
den bisher in der DDR angebotenen Kleincomputern deutlich verbesserte Leistungsparameter
auf und das ist sicherlich die Eile, an der man ihn zu messen wissen wollte. Und
- 8 Bit zu Hause sind auch 1990 keine Schande. Letztlich wird aber der Absatz
gerade dieses Gerätes in der heutigen Zeit über den Fortbestand dieser Computerklasse
entscheiden.
Text: M. Schulz